100 Jahre Krankenhilfe / brüderliche Nothilfe / Werk gegenseitiger Hilfe des
Vereins Pfälzischer Pfarrerinnen und Pfarrer
ein kurzer Ein- und Überblick von Thomas Jakubowski
1) Vorbemerkung:
Der Verein Pfälzischer Pfarrerinnen und Pfarrer e.V. wurde im Jahr 1899 gegründet.
In diesen 125 Jahren gab es eine wechselvolle Geschichte. Ein Teil der Geschichte
wurde im Jahr 1999 in einer Festschrift zusammengefasst. Diese ist immer noch
verfügbar und kann in der Geschäftsstelle bestellt werden.
Ein besonderer Höhepunkt der Vereinsgeschichte zwischen 1899 und 2024 war
zweifelslos die Errichtung des Werkes gegenseitiger Hilfe, damals als Krankenhilfe
bzw. brüderliche Nothilfe bezeichnet. 25 Jahre nach Gründung des Vereins wurde
dieses Projekt am 1.10.1924 umgesetzt.
Diese Konstruktion der Absicherung der Krankenkosten der Pfarrfamilie existiert
somit im Jahr 2024 seit 100 Jahren. Die Geschichte soll nun hier unter
verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Entnommen wurden die Daten den
Pfälzischen Pfarrerblättern und den verschiedenen Satzungen der Krankenhilfe.
Diese Ausführung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern möchte
lediglich als eine kurze und nachlesbare Darstellung der Geschichte der Krankenhilfe
verstanden sein. Ebenfalls wird nicht auf die Veränderung der staatlichen Beihilfe
eingegangen, die sich natürlich in 100 Jahren gewandelt hat. Auch die
Besoldungsgeschichte seit 1921 wäre eine Betrachtung wert, da diese unmittelbar
mit der Finanzierung der Krankenhilfe zusammenhängt.
2) Geschäftsführer, Repräsentanten und Ansprechpersonen seit 1924
Die Vorarbeit der Einrichtung des Werkes der brüderlichen Hilfe hat Philipp Heinrich
Ohler im Auftrag des Vorstandes vor der eigentlichen Gründung durchgeführt (geb.
1891).
Ansprechpartner, Geschäftsführer, Präsidenten und Repräsentanten der Krankenhilfe
waren in den letzten 100 Jahren:
• Hans Stichter (1924 – 1927) für 3 Jahre
• Ludwig Diehl (1927 – 1935) für 8 Jahre
• Philipp Scheuer (1935 – 1953) für 18 Jahre
• Otto Strickler (1954 – 1970) für 16 Jahre
• Erich Rockenbach (1970- 1986) für 16 Jahre
• Dr. Michael Gärtner (1987 – 1994) für 7 Jahre
• Thomas Jakubowski (1995 bis heute)
Die Ansprechpersonen zwischen 1924 bis 1994 haben die Abrechnungen jeweils an
ihrem Dienstort und in ihrem m Pfarramt durchgeführt, zum Teil mit personeller
Unterstützung, aber immer mit Hilfe der Landeskirchenkasse, die den Einzug der
Beiträge organisierte. Seit 1994 existiert eine Geschäftsstelle in Kaiserslautern.
Damit wurde die Struktur der Bearbeitung verändert, da nun mehr zentral von
Kaiserslautern aus die Bearbeitung der Anträge durch bis zu drei Verwaltungskräfte
durchgeführt wird.
Zuerst wurden die Vorgänge ausschließlich handschriftlich in Büchern geführt und
dokumentiert. Schließlich kann seit 1995 mit Hilfe einer speziell programmierten
Datenbank die Auszahlung der Zuschüsse gut und schnell verwaltet werden.
Bis 1965 wurden die Berechnungen dreimal durchgeführt, nämlich zuerst durch die
Krankenhilfe mit einem maximalen Zuschuss von 1.000 DM bzw. 1.200 DM und
lediglich 80 % der Kosten. Dann hat die Beihilfestelle die Kosten ergänzt. Nach
einem Abzug von einem Selbstbehalt von 500 DM bzw. 400 DM wurden zu 100 % die
Krankenrestkosten aus einem Fonds erstattet, siehe unten.
Erst im Jahr 1979 änderte sich die dreifache Bearbeitung und die Kürzung der
Erstattung wurde aufgehoben. Auch der Selbstbehalt wurde damit nach kontroverser
Diskussion abgeschafft. Diese beiden Änderungen wurden jahrelang gefordert.
Bei Behandlungen durch Heilpraktiker ergab sich eine Erstattung von zuerst 60 %
und dann auch zu 80 % der Kosten. Bis Ende 1978 war lediglich die Beihilfefähigkeit
entscheidend für die Höhe der Erstattung.
Die Anträge werden auf weißen, grünen und gelben Formularen gestellt. Das gelbe
Formular konnte miteingereicht werden und wurde – falls ein frankierten
Rückumschlag beigelegt wurde – an den Antragsteller mit der Berechnung
zurückgesendet. Diese Farben gibt es heute immer noch, aber es ist nicht mehr
zwingend, da es nun ausfüllbare Formulare als Dateien gibt. Allerdings müssen diese
immer noch ausgedruckt werden, damit eine Unterschrift das Dokument gültig macht.
Die Geschäftsführer waren bis 1965 sozusagen ein Einmannbetrieb. Zwischen 1966
und 1994 hat die Beihilfestelle in Kooperation mit dem Verein Pfälzischer
Pfarrerinnen und Pfarrer die Berechnung der Krankenkosten durchgeführt, die nun
von den jeweiligen Geschäftsführern zur Auszahlung gebracht wurde.
Dennoch mussten die zusätzlichen Anträge zu den Stipendien, Darlehen und den
Sonderleistungen aufgearbeitet werden. Die Landeskirche erhält eine angemessene
Aufwandsentschädigung für diesen Dienst, aber es bleibt immer noch viel Arbeit
übrig, die nicht weiter delegiert werden kann.
Wir sind Frau Vollmar und Frau Pfaffmann – Knieriemen sehr dankbar, die bereits in
Rente sind. Durch ihre gewissenhafte Arbeit konnten die Abläufe von Jahr zu Jahr
verbesset wurden. Frau Altvater – Riedl und Frau Weber organisieren aktuell die
Geschäfte der Krankenhilfe. Auch durch sie gibt es weitere Anpassungen und
Optimierungen. Frau Spiess unterstützt die Abrechnung und bearbeitet die Erstattung
der Rezepte aufgrund des AMNOG (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz). Aufgrund
der engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Landeskirchenkasse und
der Besoldungsstelle konnten die Abläufe in den letzten Jahren beschleunigt werden.
Zusammen mit der Beihilfestelle und Landeskirchenkasse gelingt eine reibungslose
und vor allem schnelle Bearbeitung der Einzahlungen und Auszahlungen. Die
Verwaltungskostenquote liegt mit 7 % deutlich unter den Aufwendungen einer
kommerziellen privaten Krankenkasse.
3) Struktur der Erstattungen
Im Jahr 1924 wurden lediglich 2% vom Brutto als Beitrag erhoben. Rechnungen
unter 10 Mark blieben unberücksichtigt. In einer ersten Auszahlung wurden 50 %
erstattet und die zweite Auszahlung erfolgte nach Kassenlage.
Zu Beginn der Krankenhilfe wurden zuerst die Kosten bei der Krankenhilfe beantragt
und dann die Anträge an die Beihilfestelle übersendet. Ab dem Jahr 1966 wurde das
Verfahren umgestellt: Zuerst die Prüfung durch die Beihilfestelle und dann die
Weiterleitung an die Krankenhilfe. In der ersten Zuschussrunde der Krankenhilfe gab
es eine 80 %ige Erstattung der Krankenkosten. Diese Erstattung war gedeckelt und
betrug im Jahr 1950 maximal 1.000 Mark, in zwei Jahren 1.600 Mark und in drei
Jahren max. 2.000 DM. Die Zahlungen wurde bei einer längeren Erkrankung
eingestellt oder eine feste Jahreszahlung übergangsweise gewährt. Nach Beihilfe
und Selbstbehalt konnte ein Zuschuss aus dem Fonds beantragt werden, der
wiederum zurückgezahlt werden musste. Die Grenze betrug im Jahr 1961 1.000 DM
im ersten, 600 DM im zweiten Jahr und 400 DM im dritten Jahr, also zusammen in
drei Jahren maximal 2.000 DM. Erst 1962 wurde die Grenze für drei Jahre auf 1.200
DM pro Jahr angehoben.
Der Krankenhausaufenthalt – Bett und Essen – wurde mit 80 % der Kosten
bezuschusst. Die Grenzen waren Tagessätze von z.B. 1962 15 DM und davor 8 DM
als Verpflegungszuschuss, der gerade 1/3 der täglichen Zuzahlungen abdeckte.
Zahnbehandlungen und der Zahnersatz wurden bis 1962 nicht übernommen, danach
zu 80 %.
1969 wurde die sofortige Auszahlung aus den Fonds beschlossen und erfolgte nicht
mehr nach Abschluss des Haushaltsjahres im Folgejahr. Somit wurde die Trennung
zwischen dem Fonds für zusätzliche Hilfe und der eigentliche Krankenhilfe
aufgehoben.
Die Krankenkosten der Pfarrfamilien wurden zu 80 % bis max. 1.200 DM erstattet.
Dann wurden die Zahlungen unterbrochen und nach einer Selbstkostengrenze von
500 DM zu 100 % erstattet. Falls die Grenze drei Jahre in Folge überschritten wurde,
dann erfolgte keine Erstattungen mehr und es wurde für einige Zeit lediglich eine
feste Hilfe von 1.200 DM pro Jahr gewährt.
Im Jahr 1972 wurden die Eigenleistung, sprich der Selbstbehalt, nach 1.200 Mark pro
Jahr zu 80 % von 500 auf 400 DM gesenkt. Die Grenze des Selbstbehaltes wurde
drei Jahre lang geprüft.
Insgesamt wird immer wieder darauf hingewiesen, dass bei der teilweisen Erstattung
durch die Beihilfestelle nur Medikamente berücksichtigt wurden, die verordnet waren.
Behandlungskosten konnten nur berücksichtigt werden, wenn bei einer planbaren
Maßnahme ein Heil- und Kostenplan vorgelegt wurde. Dies galt auch für einen
Sanatoriumsaufenthalt. Natürlich mussten die Anträge rechtzeitig gestellt werden und
waren nach einem Jahr verjährt.
4) Beitragsentwicklung und medizinische Inflation
- 1924 2 %
- 1937/1938 2 % mit einer Sperrfrist von 6 Monaten
- 1939 3 %, Vikare, Ruhestand und Witwen 2,5 %
- 1950 3,5 %, im Vorbereitungsdienst 4 %, Ruhestand 4%, Pfarrwitwen 3 %
- 1966 4 % plus 100 DM als Pauschale für den Ortszuschlag
- 1968 4,3 %, Ruhestand 4 %
- 1976 5 % Aktive und Vikare, Ruhestand 4,6 %
- 1995 6 % Aktive ohne Ortszuschlag, Vorbereitungsdienst 5,5 %,
beihilfeberechtigte Ehegatte 4 % max. 100 DM - 2007 6,5 %, beihilfeberechtigte Ehegatte im Pfarrdienst mit geringerem
Gehalt 4,5 % - 2014 7 %, beihilfeberechtigte Ehegatte 5 %
- seit 2019 7 % auch für beihilfeberechtigte EhegattenEinreichungen pro Jahr:
1953 1055
1965 1910
2024 3700
5) Der dritte Antragsweg
Seit 2003 gibt es den sogenannten dritten Antragsweg. Im Rahmen dieser freiwilligen
Leistungen wurden in dieser Zeit über 1.2 Mio Euro als besondere Nothilfe
ausgeschüttet. Insbesondere die finanziellen Lasten aus den Kürzungen der Beihilfe
im Rahmen der Kostendämpfungspauschale, den gedeckelten Laborkosten bei
Zahnbehandlungen, Zahnersatz, Hörgeräten, Insulienpumpen und Brillen konnte so
zumindest die Kürzungen der Beihilfe mit einem 50%igen Zuschuss abgemildert
werden.
Diese freiwilligen Leistungen als besondere Nothilfe stehen allerdings zur Diskussion,
sobald es keinen Überschuss aus dem Vorjahr mehr gibt. Der dritte Antragsweg wird
daher jedes Jahr aufs Neue geprüft und im Rahmen des Jahresabschlusses bewilligt,
zumindest seit dem Jahr 2003.
6) Mitglieder (ohne Kinder und Ehegatten)
1921 – 292
1937 – 437
1970 – 550
1987 – 759
1997 – 922
2001 – 936
2007 – 1032
2017 – 978
2023 – 935
7) Sonstige Leistungen
In den letzten hundert Jahren gab es in unterschiedlicher Höhe folgende zusätzlichen
Leistungen:
– Verzinstes Darlehen zur KfZ Anschaffung eines privateigenen Dienstfahrzeug
– Stipendien für studierende Kinder
– Wochenhilfe
– Sterbegeld für den hinterbliebenen Ehegatte
Diese Zuschüsse wurden in unterschiedliche Höhe und mit unterschiedlichen
Bedingungen auf Antrag gewährt. Es würde diesen Rahmen sprengen, wenn die
Entwicklungen im Einzelnen nacherzählt werden würde. Wichtig ist lediglich, dass die
Krankenhilfe die Pfarrfamilien umfassend auch in besonderen Notlagen unterstützt.
Unter anderem wurde eine Broschüre gedruckt, in der Hinweise zum Umgang mit
einem Sterbefall in der Pfarrfamilie aufgeführt wurde. Diese Broschüre kann immer
noch in der Geschäftsstelle bestellt werden.
8) Anerkennungsverfahren
Die Pflegepflichtversicherung wurde im Jahr 1995 eingeführt. Es wurde im Vorfeld
diskutiert, ob das Werk gegenseitiger Hilfe diese Absicherung übernehmen sollte
bzw. anbietet. Nach Abschluss der Überlegung wurde aus verschiedenen Gründen
entschieden, dass die Leistungen der Pflegeversicherung als Pflichtversicherung
nicht angeboten werden sollte. Vielmehr sollte der VRK als Partner den Mitgliedern
empfohlen werden.
Von 1924 bis 2009 hat das Werk der gegenseitigen Hilfe im Rahmen einer
berufsständigen Krankenzuschusskasse – ohne Rechtsanspruch auf Zahlungen – die
Mitglieder und deren Angehörige unterstützen dürfen. Durch das GKV-
Wettbewerbsstärkungsgesetz, einer Kompromissformel zwischen
Bürgerversicherung und Erhalt der privaten Krankenversicherungen, wurde die
Versicherungspflicht für alle Menschen in Deutschland 2006 eingeführt. Die privaten
Krankenversicherungen durften zwar weiter Verträge anbieten, mussten aber auch
Menschen unter Vertrag nehmen, die nicht durch die gesetzliche
Krankenversicherung abgesichert waren. Zwischen diesen beiden Konstruktionen
wurde die anderweitige Absicherung im Krankheitsfall angesiedelt. Deren
Ausgestaltung blieb offen.
Nach einer Übergangszeit sollten ab 2009 alle Menschen versichert bzw. abgesichert
sein. Der Verein Pfälzischer Pfarrerinnen und Pfarrer mit dem Werk gegenseitiger
Hilfe schloss sich mit zwei Justizbeamtenkassen, einer Polizistenkasse und einer
freien Kasse zur BASSG zusammen und gründete eine Bundesarbeitsgemeinschaft
als Sprachrohr für Solidarkassen. Die beiden Krankenhilfen in Baden und
Württemberg verhandelten zusammen und tauschten sich mit der BASSG aus. In
einem ersten Schritt hat die BASSG sich gegenseitig testiert und einen externen
Nothilfefonds als Rückdeckung eingerichtet. Diese Rückdeckung wurde aufgrund
eines versicherungsmathematischen Gutachtens gebildet und wurde einige Jahre
später nochmals überprüft und erneuert. Beide Gutachten forderten eine
Altersrückstellung und eine Rückdeckung einer externen und unabhängigen
Einrichtung. Auch in einem Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wurde
bereits 2003 die Leistungsfähigkeit und die Absicherung des Werkes der
gegenseitigen Hilfe auf Dauer testiert. Neben diesen drei Testaten gab es noch zwei
weitere Prüfungen, die die finanzielle Absicherung im Zusammenhang mit der
Lebenserwartung in einem Stresstest auf 100 Jahre als Inhalt hatte.
Die BASSG hat auf der Grundlage der Testate mit dem VRK einen Restkostenvertrag
abgeschlossen, der eine Basisabsicherung für den Selbstbehalt von 5.000 € pro Jahr
darstellte. Diese Basisabsicherung wurde drei Jahre lang getestet. Leider waren die
anderen Mitglieder der BASSG nicht bereit einen Versicherungsvertrag zwischen
dem VRK – PAX und den einzelnen Mitgliedern abzuschließen. Es sollte ein Vertrag
zwischen den einzelnen Krankenhilfen und dem VRK bleiben, wie es in dem Testlauf
abgewickelt wurde. Daraufhin wurde die Zusammenarbeit beendet und der Austritt
des Werkes der gegenseitigen Hilfe aus dem BASSG erklärt. Eine Konstruktion mit
der Restkostenabsicherung ab einem jährlichen Kostenaufwand von 5.000 €
abzüglich der Beihilfezuschüsse erwies sich als zu kostenintensiv. Der Verlust durch
die fehlende steuerliche Anerkennung der Beiträge wäre geringer gewesen als die
zusätzlichen Kosten dieser Konstruktion. Die Beiträge wurden in den Jahren 2019
und 2020 nicht steuerlich anerkannt.
Auch die Gründung eines VvaG (Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit) wurde
trotz umfangreicher Vorarbeit verworfen. Es wäre letztlich viel zu teuer gewesen, da
anfallenden Kosten, insbesondere im Personalbereich, die finanziellen
Rahmenbedingungen gesprengt hätten. Eine Erhöhung der Beiträge um 30 – 50 %
wäre die Folge gewesen.
Parallel dazu gab es Gespräche mit den Krankenhilfen Solidago und Artabana, die
zum Teil sehr extreme Ideen hatten, die nicht realistisch waren. Allerdings war der
Austausch und die gegenseitigen Informationen sehr wichtig für den weiteren
Anerkennungsprozess.
In Kooperation mit den beiden Krankenhilfen in Baden und Württemberg wurde als
nächstes eine fraktionsübergreifende Gesetzesinitiative unterstützt, die indirekt durch
die steuerliche Anerkennung der Beiträge eine Anerkennung als anderweitige
Absicherung im Krankheitsfall erreichen wollte. Bei diesem Weg hat uns das
Finanzministerium und das Landesamt für Steuern in Rheinland – Pfalz beraten und
unterstützt. Der damalige Finanzminister Schäuble hat diese Änderung im
Zollamtsgesetz im letzten Moment verhindert. In zwei weiteren Gesetzesinitiativen
wurde ebenfalls eine Anerkennung politisch verhindert.
Erst im Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz im Jahr 2021 wurde
ein Anerkennungsverfahren verabschiedet, welches Ende 2021 durchlaufen wurde,
siehe § 176 Bestandschutzregelung für Solidargemeinschaften. Aufgrund eines
Gutachtens, welches testiert wurde, erfolgte die Anerkennung auf fünf Jahre
rückwirkend für das Jahr 2021. Diese Anerkennung muss nun alle fünf Jahre
wiederholt werden. Die nächste Anerkennung erfolgt nun im Jahr 2026 mit den
Zahlen des Jahres 2024. Seit dieser Anerkennung sind die Beiträge steuerliche
absetzbar, allerdings nicht vollständig, sondern nur für die Beiträge, die unmittelbar
mit den Krankenkosten in Verbindung stehen.
Somit wurde das Werk gegenseitiger Hilfe in den letzten 20 Jahren insgesamt sechs
Mal testiert und jedes Mal als leistungsfähig und zukunftsträchtig eingestuft.
9) Aktuelle Situation
Die finanzielle Situation des Jahres 2023 ist einigermaßen gut und auskömmlich.
Allerdings ergab es sich im Jubiläumsjahr zum ersten Mal seit 1994, dass ein
rechnerisches Defizit entstanden ist. Der Übertrag aus dem Jahr 2022 war höher als
der Übertrag nach 2024. Und im Jahr 2022 konnten sogar ein Teil des Überschusses
aus 2021 in die Altersabsicherung übertragen werden. Diese unterschiedlichen
Situationen der letzten vier Jahre können dadurch erklärt werden, dass während des
Lockdowns aufgrund der Pandemie ärztliche Behandlungen und
Krankenhausaufenthalte deutlich reduziert waren. Dies hat sich wieder normalisiert.
Allerdings zeigt es sich, dass durch die medizinische Inflation von rund 1% zuzüglich
der laufenden Geldentwertung die Ausgaben einer Krankenkasse schneller steigen,
als Gehaltsanpassungen erfolgen. Die Abschlüsse der Tarifverhandlungen im
öffentlichen Dienst im Jahr 2024 werden erst Ende 2024 bzw. Anfang 2025 greifen.
Neue Behandlungsverfahren und die Preissteigerung der Medikamente bzw. neue
Produkte der Pharmaindustrie werden die medizinische Inflation noch eher antreiben,
trotz staatlicher Gesundheitsreformen und dem AMNOG – Verfahren.
Ein Effekt wird die finanzielle Situation der Krankenhilfe besonders belasten, nämlich
die hohe Zahl der Ruhestandsversetzungen in den nächsten Jahren. Die Beiträge
vermindern sich im Ruhestand um mindestens 28,25 Prozent. Allerdings erreichen
viele Kolleginnen und Kollegen aufgrund der langen Teildienstzeiten in den 80er und
90er nicht mehr die höchste Pension von 71,75 %. Zwar steigt die Beihilfe von 50 %
auf 70 %, aber die Beiträge werden in den nächsten Jahren nicht mehr ausreichen,
dass die Altersrückstellung entsprechend erhöht wird.
In den letzten 20 Jahren haben sich die Einstellungen in den Pfarrdienst deutlich
vermindert. Dies bedeutet gleichzeitig, dass die Altersrückstellung nicht mehr so stark
wachsen muss, wie in den letzten Jahren. Ein Wachstum von mindestens 3 % inkl.
der Einzahlungen sollte es dann aber schon sein.
Ich kann nun auf drei Jahrzehnte des Geschäftsverlaufes der Krankenhilfe
zurückblicken. Daher erlaube ich mir die Einschätzung, dass die Krankenhilfe gesund
ist. Beitragsanpassungen und eine neue Beitragsordnung werden sich allerdings
mittelfristig nicht umgehen lassen. Dies sind wir aber unseren Kolleginnen und
Kollegen und deren Angehörigen in einem Solidargemeinschaft schuldig.
10) Der Blick über den Rhein
Im Jahr 1962 wurde ein Vergleich mit anderen Krankenhilfen angestellt und die
Erstattungshöhen der beihilfefähigen Kosten vermerkt:
Benrath – Beitragssatz nicht bekannt (59.000 Mitglieder) 70 %
Baden 4% (Brutto) 75 %
Hessen 4,5 % (Brutto) 70 %
Württemberg 3,5 % (Brutto) 70 %
Pfalz 3 % (Netto) 80 % Krankenhilfe 60 % Heilpraktiker
Die Beiträge der anderen Krankenhilfen betrugen im Jahr 2023
Baden: 8 % ab 800 € Monatseinkünfte
Württemberg (Bezugsgröße sind Grundgehalt, Stellenzulage, Besitzstände /
Familienzuschlag):
(aktiver Dienst) 9,3 % Familie, allein 7 % + 7 % Ehegatten
(Versorgung) 9,9 % Familie, allein 7,6 % + 7,6 % beihilfeberechtigte Ehegatten
11) Ausblick
Die Verwaltungskosten betrugen in den letzten Jahren rund 7 %. Dies wird sich
deutlich verändern, da die Verwaltungskosten des Vereins als Berufsverband und der
Krankenhilfe mit einem neuen Schlüssel abgerechnet werden. Dieser Schlüssel
wurde viele Jahre entwickelt und entspricht nun den tatsächlichen Gegebenheiten.
Das Solidarsystem der Krankenhilfe basiert auf Vertrauen. Der Name ist schließlich
Programm: Das Werk der gegenseitigen Hilfe.
Wir bekommen jedes Jahr zahlreiche Danksagungen und positive Rückmeldungen.
Den Dank für das System schulden wir den Verantwortlichen der letzten 100 Jahren.
Die Tragfähigkeit der Krankenhilfe wurde im Rahmen des Anerkennungsverfahrens
auf weitere 100 Jahre geprüft und testiert. Diese Feststellung erfolgt pessimistisch.
Es wurde berechnet, dass wir keine neuen Mitglieder in das Werk der gegenseitigen
Hilfe aufnehmen. Und dennoch sind die Finanzen mehr als auskömmlich. Die
Beiträge und die Auszahlungen stehen in einem guten Verhältnis zueinander. Durch
die Identifikation der Mitglieder mit dem Werk der gegenseitigen Hilfe wird darauf
geachtet, dass keine unnötigen Kosten entstehen. Dieser Faktor ist m.E. der Grund
für den Erfolg des Werkes gegenseitiger Hilfe seit mehr als 100 Jahren.